Meditiere ich richtig?
|Sometimes when you no longer see yourself as the hero of your own drama, expecting victory after victory and you understand deeply that this is not paradise. Somehow, especially the privileged ones that we are, we somehow embrace the notion that this veil of tears, that it’s perfectible, that you can get it all straight. I found that things became a lot easier when I no longer expected to win. I tried to put this into that song called A Thousand Kisses Deep. When you understand that, you abandon your masterpiece and you sink into the real masterpiece -
zitiert Brad Warner in seinem Blog-Beitrag The Right Way To Meditate1 Leonard Cohen. Es geht um die Frage, warum es im Zen nicht so etwas wie richtige oder falsche Meditation gäbe - wie etwa bei anderen, formaleren Meditationspraxen wie dem tibetanischen Dzogchen. Dahinter aber steht, wie so oft, die große Frage nach dem Sein.
Bewusstsein. Leere. Nichts.
Tatsächlich: Zen verzichtet fast komplett auf Anweisungen zur Meditation. Achtsamkeit - das ist der einzige Hinweis, Atem und Haltung können vielleicht als Wegweiser dienen. Sitze ich auf dem Kissen, bin ich praktisch allein, allein mit mir und einem Haufen in der Situation ziemlich sinnloser Gedanken.
Dann hört man: Lass alles zu. Verzichte auf Bewertungen. Hänge dich an keine Gedanken, schiebe sie auch nicht weg. Lass … einfach … alles … zu.
Schon ist dann alles da: Schmerzen. Trauer. Überheblichkeit. Mitgefühl. Die Frage, warum der Mann mir gegenüber nicht stillsitzen kann. Phantasien über eine Frau am anderen Ende des Raumes. Unzufriedenheit. Ungeduld. Müdigkeit. Hunger.
Und das soll nicht frustrierend sein?
Es ist absolut frustrierend. Erleuchtung bleibt ebenso aus wie das Erlebnis, „Körper und Geist fallen gelassen zu haben“ (Dogen). Ich bin einfach allein mit all dem Zeug, das ich tagein tagaus automatisch um mich herum anhäufe.
Allerdings merke ich mit der Zeit, dass ich diese Haufen betrachten kann wie das Inventar einer Bühne. Ich merke, dass ich Gedanken, Projektionen und Ängste nicht bewerten muss, dass Trauer nicht „traurig“ sein muss. Indem ich auf Orientierungsmarken und Urteile wie „richtig“ / „falsch“ verzichte, komme ich dem näher, was mein Bewusstsein eigentlich ist. Leere? Nichts?
Sein ist Sein, Wissen ist nicht.
Das Zen gibt keine Antwort. Im Kern bedeutet die Zen-Praxis, sich mit dem „Nicht-Wissen“ anzufreunden. Jede Antwort, jede Sicherheit wäre nur ein Konzept, nur eine Erklärung. Vielleicht würde ich mich so besser fühlen, mein Sein aber liegt jenseits dieses „Wissens“. “Mein” Sein liegt auch jenseits der Grenzen all dieser (egoistischen) Reaktionen auf die Welt um mich herum. Sein ist in der Welt. Der Weg des Zen ist es, die Fragen auszuhalten. Und keiner Antwort zu glauben.
When the mind is hardened with certainties, it doesn’t know what to do when inevitably confronted with things that don’t fit into the shapes it has hardened into,
so Warner. Die Sicherheit, dass ich „korrekt“ meditiere, gibt es nicht. Mit Sicherheit aber kann ich nicht „falsch“ meditieren. Ich kann nicht „falsch“ leben. Ich kann mein Leben nur „falsch“ oder „richtig“ finden. Aber das ist eine andere Geschichte.
The ponies run, the girls are young,
The odds are there to beat.
You win a while, and then it’s done –
Your little winning streak.
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Brad Warner: The Right Way To Meditate, unter http://hardcorezen.info/?p=3082 (Stand 30.09.2014). ↩